30.06.2014, 00:00 Uhr

"Entwickler zu sein, ist nicht hip."

Bei einem Pressegespräch diskutierten ein Informatik-Professor, ein Wirtschaftsreferent und ein Firmeninhaber über die Gründe des Fachkräftemangels in der IT und möglicher Gegenmaßnahmen. Das Ergebnis: Die Branche kämpft gegen fundamentale Probleme.
Laut einer Studie des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) gab es im Oktober 2013 39000 offene IT-Stellen in Deutschland. Etwa Dreiviertel entfallen davon auf Stellen für Softwareentwickler.
Prof. Dr. Michael Amberg von der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg bringt das Problem auf den Punkt: "Softwareentwickler zu sein, ist nicht hip."
Endlose Zeiten vor dem Bildschirm, Nachtsessions bei Pizza und Cola: So ist das Berufsbild des Entwicklers in vielen Köpfen. Entsprechend reserviert dürften in vielen Fällen die Reaktion auf den Berufswunsch Entwickler ausfallen. "Dieser Beruf ist Nerd-behaftet," so Amberg.
Entsprechend unverändert sähen auch die Studierendenzahlen aus. "Die Verteilung der Studierenden auf die verschiedenen Studiengänge (Informatik, Biologie, Romanistik, Medizin ... ) hätten sich nicht verändert. Sie sind genauso wie früher."
dotnetpro-Autor Dipl. theol. Bernhard Pichler, Geschäftsführer, informare Consulting GmbH, Unternehmer, IT-Entwickler und Berufsschullehrer bestätigt das: "Die Jugendlichen sind pragmatischer geworden. Wenn man heute einen Jugendlichen fragt, wo er in fünf Jahren sein will, erhält man keine Antwort."
Die Softwareentwicklung gliedere sich im Prinzip in drei Phasen:
  • Spieltrieb als Triebfeder: Diese ist bei vielen durchaus vorhanden.
  • Erkenntnis, dass etwas nicht funktioniert. Auch das bringen viele noch mit.
  • Ausdauer bei der Problembehebung: Das fehlt oft.
Generell würde das Interesse am Begreifen einer Technologie abnehmen. Die Jugendlichen würden mehr und mehr zu reinen Konsumenten.
Besonders scheint für Frauen der Anreiz zum Beruf des Entwicklers zu fehlen, so Amberg. Allerdings gelte das nur für Deutschland. Denn während im Ausland der Frauenanteil bei Programmierern bis zu 50 Prozent betrage, kommt er in Deutschland gerade mal auf 10 Prozent.
Um die Zustände zu verbessern gibt es verschiedene Initiativen. So gebe es in Nürnberg beispielsweise das Fab Lab. "Hier können Schüler, Studenten oder Eltern Werkstätten nutzen, um eigene Projekte voranzutreiben," sagt Dr. Michael Fraas, Stadtrat und Wirtschaftsreferent der Stadt Nürnberg. "Sie können aber auch einfach was ausprobieren, zum Beispiel einen Roboter bauen. Das soll den Spieltrieb wecken."
Weiter müssen die Rahmenbedingungen für Entwickler verbessert werden. Dazu gehörten etwa Kindertagesstättenplätze auch für kleine und mittelständische Unternehmen. "Hier gibt es in der Metropolregion Nürnberg eine Initiative, in der sich diese Unternehmen zusammenschließen, um Plätze zur Kinderbetreuung anbieten zu können."
Eine praxisnähere Ausbildung reklamiert Pichler. "In den EDV-Schulen Deggendorf sind die Schüler ein halbes Jahr in einer Firma und machen dort ein Praktikum. Die Firmen können damit potentielle Arbeitskräfte kennen lernen und die Schüler schnuppern in die wirkliche Berufswelt hinein."
"Solche dualen Studiengänge sollten vermehrt stattfinden," sagt Amberg. Universitäten sollten die Studenten nicht lenken. Trotzdem dürfte das zielgerichtete nicht zu kurz kommen. Unternehmen könnten diese Rolle des Lenkens übernehmen.
Einig sind sich alle beim Punkt flexible Arbeitszeiten: Firmen sollten Vertrauen in Ihre Angestellten haben. Neben einer Kernzeit sollten die Arbeitszeiten komplett flexibel sein, denn die Kreativität, die die Softwareentwicklung nun einmal braucht, lässt sich nicht an bestimmte Stunden koppeln.
Informationen über das Berufsbild des Entwicklers gibt es auch auf der Developer Week unter dem Motto "Morgen Entwickler ..." am 16. Juli 2014, 14.00 Uhr im NCC Ost, Messegelände Nürnberg. Hier stehen Profi-Entwickler Rede und Antwort. http://www.developer-week.de/Specials/Morgen-Entwickler.
In einer Studie hatte die Developer Week 416 Entwickler befragt. Herauskam, dass der Fachkräftemangel kein Hype-Thema sondern bittere Wirklichkeit ist.



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