eco 01.02.2016, 00:00 Uhr

Virtuelle Assistenten sind der Mobility Trend 2016

Virtuelle Assistenten als mobile Begleiter bringen uns pünktlich ans Ziel und erinnern uns rechtzeitig an den Hochzeitstag.
Sie heißen Cortana, Google Now oder Siri und sind nach Einschätzung vom Verband der Internetwirtschaft e. V. (eco) einer der „maßgeblichen Technologie- und zugleich Soziologietrends in 2016 und danach“. Diese persönlichen Assistenten werden künftig der Internet-Verbreitung folgend in immer mehr Lebensbereiche Einzug halten – auf der Arbeit, zu Hause oder unterwegs, beruflich und privat, prognostiziert der Verband.
„Wenn Sie in zehn Minuten aufbrechen, erreichen Sie Ihren nächsten Termin pünktlich“ – die auf den ersten Blick beinahe nebensächliche Nachricht auf dem Smartphone verdeutlicht, dass das Gerät genau weiß, wo sich der Betreffende befindet, wann und wo sein nächster Termin stattfindet und mit welchem Verkehrsmittel er vermutlich dorthin gelangen will, gibt Dr. Bettina Horster, Direktorin Mobile im eco – Verband der Internetwirtschaft e. V., ein anschauliches Beispiel aus dem Alltag. Hinter der Nachricht auf dem Smartphone steckt eine umfassende Informationskette, betont die eco Direktorin. „Die zugrunde liegenden Daten kommen natürlich aus einer Applikation, die in der Cloud läuft, und über das Internet auf die Endgeräte gebracht wird.“ Damit stehen die Daten nicht nur auf dem Smartphone, sondern je nach Digitalisierungsgrad des Betreffenden auch am Handgelenk, im Auto und künftig an immer mehr Stellen zur Verfügung.
Vor allem lernt der virtuelle Assistent tagtäglich seinen „Besitzer“ ein bisschen näher kennen. Er – oder sie? – kennt die gängigen Plätze und Routen, die „Smartphones“ und „Smartwatches“, mit denen sich sein „Besitzer“ trifft, liest – zumindest bei Google – alle E-Mails mit und interpretiert die Inhalte mit immer mehr Raffinesse und kann mit der Gesichtserkennung gleich die Urlaubs- und Businessfotos auswerten. Über Sensoren, beispielsweise in der Smartwatch oder die Verfolgung der Augenbewegungen durch Smartphone, Auto oder den Fernseher und künftig vielleicht die Kaffeemaschine erhält „das Netz“ fortlaufend Daten über den Einzelnen, die diesem selbst in der Regel weder bekannt noch bewusst sind. Als dahinter stehende Technologien benennt eco beispielhaft Big Data, Business Intelligence, Deep Learning, Artificial Intelligence und Location-based Services.
„Der virtuelle Assistent wird seinen Besitzer künftig besser kennen als der Lebenspartner“, wagt Arzu Uyan, Leiterin der eco-Kompetenzgruppe Smart Environment, eine Prognose. Dabei unterstellt sie keineswegs eine Missachtung des Datenschutzes durch die Anbieter: „Es ist davon auszugehen, dass sich immer mehr Menschen freiwillig der Hilfe eines virtuellen Assistenten bedienen und den Mobility Trend nutzen werden, weil die Vorteile einfach gewaltig sind“, sagt Uyan. Wer wollte nicht informiert sein, wenn der Verkehrsstau ein früheres Aufbrechen notwendig macht, wenn sich das Abfluggate ändert, wenn gerade ein Sonderangebot für das Produkt, das man sowieso regelmäßig kauft, verfügbar ist, wenn der Wecker morgens automatisch zur richtigen Zeit klingelt, weil er die Terminlage im Überblick hat und wenn er an den Hochzeitstag erinnert oder „in alter Gewohnheit“ gleich schon am Vortag den Blumenstrauß automatisch bestellt hat – die Kette der Komfortfunktionen ließe sich unendlich fortsetzen, mutmaßt die eco Expertin. Auch auf sehr ernsthaften Anwendungsfeldern wie Alten- und Krankenpflege eröffnet sich laut Uyan ein „immenses Einsatzpotenzial“.
Mittel- bis langfristig könnten die „Autonomous Agents“ – wie die virtuellen Assistenten auch genannt werden – traditionelle Benutzerschnittstellen wie Tastatur, Maus und Touchscreen sukzessive ersetzen, wagt Uyan einen weiten Blick nach vorne. Der Verband spricht von „enormen Chancen für neue Geschäftsmodelle auf der Basis autonomer Agenten“. „Natürlich funktionieren die Agents als Mobility Trend nur dann, wenn sie die Menschen nicht belästigen und nicht bevormunden, sondern bestmöglich Wünsche erahnen und darauf basierend Aktionen vorschlagen, Informationen bereitstellen und Angebote unterbreiten“, fügt Dr. Bettina Horster hinzu. Sie gibt ein anschauliches Beispiel: „Wer zum ersten Mal nach Nairobi fliegt, will vielleicht kurz vor Abflug noch einen Reiseführer downloaden, wer zum zehnten Mal hinfliegt, in seinem Standardhotel dasselbe Zimmer wie immer buchen oder – falls das schon passiert ist – in seinem dortigen Lieblingsrestaurant einen Platz fürs Dinner reservieren.“ Arzu Uyan ergänzt: „In jedem Fall sollte gewährleistet sein, dass der Einzelne selbst bestimmen kann, wie autonom der Autonomous Agent agieren darf – und wo diese Selbständigkeit gerade nicht erwünscht ist.“ [bl]



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