18.05.2017, 00:00 Uhr

Die Hybrid-Kriege

Wir schreiben das Jahr 2017. Das Heer von ­„Geschwindigkeit bei der Entwicklung“ kämpft gegen die Armee von ­„Geschwindigkeit bei der Ausführung“.
Mit „Time to Market“-Rufen stürmen die einen Mannen auf die anderen los, die mit „Usability, Usability“-Rufen dagegenhalten.
Mitten im Getümmel strecken Menschen ihre Smartphones in die Höhe und bitten um die Segnung durch ihren Gott der Cross-Plattform-aber-einfach-Entwicklung, während in unmittelbarer Nähe ganz in Gelb Gewandete den Gott des ­Nativen anrufen. „Die Geschwindigkeit ist unser“, rufen sie und werden vom Gewurl der Leiber verschluckt.
Wie mag das enden? Welche Opfer mag das fordern?
Die einen fürchten Fake-Oberflächen, die gar keine sind, weil schlichte Webseiten, die ein Browser darstellt. Die anderen scheuen die native Entwicklung, da sie gerade bei Cross-Plattform für einen massiven Overhead sorgt.

Ganz am Rande steht ein einsames, verschüchtertes Grüppchen mit einem kleinen Schild „BlackBerry, aber sicher“. „Was machen wir eigentlich hier“, fragen sie sich.

Plötzlich ertönen Fanfaren und am Kamm der Hügelkette erscheint eine dritte Armee. „Xamarin“ steht auf den Bannern und „UWP“ und „One Code to rule them all“. Das Heer ist bunt anzusehen, quirlig und schrill. Über den Köpfen der Menschen im Tal bildet sich eine riesige Sprechblase mit einem herzzerreißenden Seufzer des Unwillens. „Die schon wieder“, rufen manche und verfluchen die Spaßverderber. So schön hätte man sich kloppen können, wenn da nicht die immer integren, regulierenden und integrierenden Schergen des endlich einigen Microsofts wären.
Freilich sind die anderen Heere viel größer und die Aussicht auf Erfolg scheint zumindest für die nächsten Jahre eher ungewiss. Die eigene Hardware-Plattform mussten sie sterbend zurücklassen. Unter einem neuen Feldherrn streben sie nun nach neuen Zielen. Allein das hehre Gut der Freiheit, des Offenen, das sie inzwischen vertreten, zieht viele in den Bann. Schon möglich, dass mit der Zeit die anderen Heere schrumpfen und die Menschen sich der anderen Macht anschließen. Der Ausgang der Schlacht bleibt also völlig offen.
Tilman Börner
Chefredakteur dotnetpro
Dokumente
Artikel als PDF herunterladen


Das könnte Sie auch interessieren