Freelancer-Kompass 2019 29.08.2019, 08:32 Uhr

Knapp 94 Euro pro Stunde

Der neue Freelancer-Kompass 2019 verrät, wie es um die Freelancing-Branche steht: Mit fast 94 Euro pro Stunde verdienen Freelancer mehr als jemals zuvor, gleichzeitig steigt das Nettoeinkommen und auch die die Gender Pay Gap verringert sich weiter.
(Quelle: Freelancermap.de)
Höher, schneller, weiter: Freelancer schwimmen weiterhin auf der Erfolgswelle. Der neue Freelancer-Kompass 2019 belegt den anhaltenden Trend für freie Experten der IT- und Engineering-Branche: 93,89 Euro beträgt der durchschnittliche Stundensatz laut den Ergebnissen der jährlichen Marktstudie. Insgesamt verzeichnete das Nürnberger Unternehmen freelancermap 1.347 Umfrageteilnehmer aus dem DACH-Raum.
Laut Freelancer-Kompass besitzen 75 Prozent der Umfrageteilnehmer einen akademischen Abschluss einer Fachhochschule oder Universität. Der typische Freelancer ist männlich, kommt aus Nordrhein-Westfalen, arbeitet knapp 45 Stunden pro Woche als Entwickler (26 Prozent) und gönnt sich 26 Tage Urlaub im Jahr. Den Irrglauben, dass Freelancer Einzelkämpfer sind, widerlegen die Befragten. Sie verstehen sich selbst als Teamplayer und bevorzugen auch einen Arbeitsplatz vor Ort. Vorrangig arbeiten die IT-Experten in Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und werden dort für mindestens ein halbes Jahr für ein Projekt eingespannt.
2016 veröffentlichte freelancermap die erste Studie zu Freelancern, Selbstständigen und Freiberuflern der IT- und Engineering-Branche. Damals lag der Stundensatz noch bei 82,13 Euro, heute liegt er schon bei 93,89 Euro. Die Marktpreise steigen und Unternehmen sind gewillt, für qualitativ hochwertige Auftragsarbeiten entsprechend zu vergüten. Diese Entwicklung wird vermutlich in den kommenden Jahren Fahrt aufnehmen, denn schon für 2020 prognostiziert freelancermap einen Anstieg auf 96,38 Euro. Hält dieser Trend an, sind Stundensätze über 100 Euro in circa fünf Jahren die Regel.
An der Stundensatz-Tabellenspitze im DACH-Raum stehen die Schweizer: 121,46 Euro erhalten Freelancer dort pro Stunde. Im deutschlandweiten Vergleich stehen die alten Bundesländer an der Spitze des Rankings: Selbstständige in Schleswig-Holstein (98,64 Euro), dem Saarland (96,90 Euro) und Hamburg (96,70 Euro) profitieren von den für die Branche überdurchschnittlich hohen Zahlungen der Auftraggeber. Auf den letzten Plätzen liegen vorwiegend die neuen Bundesländer am wenigsten erhalten thüringische Freelancer, hier liegt der Stundensatz nur bei 72,06 Euro. Auch belegt die Studie, dass die Einkommenszufriedenheit weiterhin hoch ist. Das erklärt auch, weswegen die deutliche Mehrheit der Freelancer (77 Prozent) eine erneute Festanstellung ausschließt. Und: Zwei Drittel geben an, nun als Freelancer mehr zu verdienen als im festen Beschäftigungsverhältnis.
Ob männlich oder weiblich, beide Geschlechter erhalten ein um drei Euro gestiegenes Einkommen pro Stunde. So liegen Frauen nun bei einem Stundensatz von 87,63 Euro und Männer bei 94,66 Euro. Damit ist die Gender Pay Gap um acht Prozent kleiner geworden. Zwar entspricht das nur 62 Cent, dennoch birgt diese Entwicklung Chancen, dass sich in Zukunft die Stundensätze weiter annähern werden.Bei den Programmiersprachen sehen die Branchenexperten einen großen Trend zu Javascript (16 Prozent), Java (11 Prozent) und Python (10 Prozent). Ruby und Perl (je 0,52 Prozent) trauen Freelancer in Zukunft kaum Innovationspotential zu. Kommende Meilensteine sehen die Experten vor allem in den Bereichen Künstliche Intelligenz, IT-Sicherheit und Internet Of Things. Drohnen und Quantencomputer sind für sie derzeit noch Randthemen, deren Durchbruch kurzfristig nicht zu erwarten ist.

Kritik an der Politik: Scheinselbstständigkeit abschaffen

Deutliche Ausrufezeichen setzen die Freelancer in Hinblick auf die politischen Rahmenbedingungen. Laut den Studienergebnissen kritisiert mehr als die Hälfte, dass Freelancing in der Politik wenig bis sehr wenig respektiert wird. Gefordert wird eine Abschaffung der Scheinselbstständigkeit (57 Prozent), die Reduzierung bürokratischer Hürden (54 Prozent), die Senkung der gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträge sowie die Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (je 35 Prozent). Auch das Statusfeststellungsverfahren wird kritisch gesehen.
Die Freelancing-Branche ist weiterhin im Aufwind, speziell im IT- und Engineeringbereich ringen Unternehmen um Fachkräfte. Für Freelancer ein lukratives Geschäft: "Der Bedarf an freien Experten steigt, das erkennen wir unter anderem an der Bereitschaft von Unternehmen zunehmend höhere Stundensätze zu zahlen", erklärt Thomas Maas, CEO freelancermap, in Hinblick auf den Fachkräftemangel. Dennoch gäbe es noch Nachholbedarf, so liegt es zum Beispiel an der Politik Selbstständigen entgegenzukommen und auch die gleiche Bezahlung von männlichen und weiblichen Experten voranzutreiben. "Freelancing ist längst keine Nische mehr: Erfahrene Experten oder auch Neueinsteiger sollten die Herausforderung 'Selbstständigkeit' jetzt annehmen und das Privat- sowie Berufsleben neu für sich entdecken", appelliert Maas daran, die Chancen des freien Projektgeschäfts in Zeiten von New Work anzugehen.


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