30.01.2014, 00:00 Uhr

Rechnen mit Neuronen aus Silizium

Wissenschaftler aus Berlin und Heidelberg benutzen künstliche Nervenzellen, um verschiedenartige Daten zu klassifizieren -- und somit handgeschriebene Zahlen erkennen oder Pflanzenarten anhand ihrer Blüten unterscheiden zu können.
Noch sind die meisten Programme seriell angelegt. Wissenschaftler der Freien Universität Berlin, dem Bernstein Zentrum Berlin und der Universität Heidelberg entwickeln nun eine neue Technologie weiter, die auf der parallelen Datenverarbeitung beruht. Beim sogenannten neuromophic computing übernehmen Neuronen aus Silizium die Rechenarbeit auf speziellen Computerchips.
Ähnlich wie unsere grauen Zellen im Gehirn sind sie untereinander verknüpft. Wird dieser Verband mit Daten gefüttert, arbeiten alle Silizium-Neuronen parallel an der Lösung des Problems. Die genaue Art der Verknüpfung bestimmt hierbei, wie das Netzwerk die Daten verarbeitet. Einmal richtig verknüpft arbeitet das neuromorphe Netzwerk quasi von allein. Die Forscher haben jetzt für einen solchen Chip ein Netzwerk entworfen -- ein neuromorphes "Programm" --, das eine grundlegende Rechenleistung lösen kann: Es ist in der Lage Daten unterschiedlicher Merkmale in Klassen einzuteilen. So kann es etwa handgeschriebene Zahlen erkennen oder anhand von Blüteneigenschaften bestimmte Pflanzenarten unterscheiden
"Beim Entwurf der Netzwerkarchitektur haben wir uns vom geruchsverarbeitenden Nervensystem der Insekten inspirieren lassen", erklärt Michael Schmuker, Erstautor der Studie. "Dieses ist von Natur aus für die hochparallele Verarbeitung der komplexen chemischen Welt optimiert." Gemeinsam mit Arbeitsgruppenleiter Martin Nawrot und Thomas Pfeil konnte er erstmalig zeigen, dass ein neuromorpher Chip eine solch komplexe Aufgabe lösen kann. Für ihre Arbeit benutzten die Forscher einen Chip mit Neuronen aus Silizium, der am Kirchhoff-Institut für Physik der Universität Heidelberg entwickelt wurde.
Computerprogramme, die Daten klassifizieren können, finden in den verschiedensten technischen Geräten Anwendung, etwa in Smartphones. Den neuromorphen Netzwerk-Chip könnten auch Super-Computer nutzen, die nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns gebaut werden, um sehr komplexe Aufgaben zu lösen. Mithilfe ihres Prototyps können die Berliner Wissenschaftler nun auch erforschen, wie sie Netzwerke konstruieren müssen, um den Besonderheiten dieser gehirnähnlichen Computer gerecht zu werden. Eine große Herausforderung dabei ist, dass keine zwei Nervenzellen gleich sind -- weder in Silizium noch im natürlichen Vorbild, dem Gehirn. [bl]


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