Editorial 14.01.2019, 00:00 Uhr

„Der Browser ist tot“

„Nein, er ruht sich nur aus.“ „Hören Sie, ich erkenne einen toten Browser, wenn ich einen sehe. Und ich blicke auf einen in diesem Moment.“
Während im Original von Monty Python ein recht lebloser Papagei die Hauptrolle spielte [1], verdingt sich in unserer Geschichte ein Browser als Leichendarsteller: Microsoft stoppt die Entwicklung der eigenen Browser-Engine. Stattdessen soll künftig die Chromium Engine von Google für das Rendering und die Kompatibilität mit den Webstandards bei Edge sorgen. So zumindest die offizielle Erklärung dieses bemerkenswerten Schritts. Plausiblere Erklärungen wären: Die Kosten für das Engine-Team sind zu hoch, das Team bekommt gewisse Features nicht umgesetzt oder Satya Nadella ist eingeschnappt. Böse, böse, wer so etwas denkt.
Bemerkenswert ist auf jeden Fall die Reise, die Microsoft und seine Browser hinter sich haben. Während von Microsoft zwei Jahre zuvor das Internet noch als Randerscheinung abgetan wurde, drehte im Jahr 1995 Firmenchef Bill Gates das Unternehmen mittels eines denkwürdigen Memos [2].

Nebenbei: Wer das Dokument genau studiert,
kann der Zeugung von .NET, Visual Studio und des
Team Foundation Servers beiwohnen.

Ich kann mich noch an eine Presseveranstaltung erinnern, in der der Internet Explorer Version 2 vorgestellt wurde. Verglichen mit der Vorstellung von Windows 95 war diese Veranstaltung nur ein lauwarmes Kaffeetrinken. Als wollte Microsoft seiner Chronistenpflicht nachkommen und zeigen, sie haben da was, sehen es aber nur als Zwischenschritt. Zu der Zeit war der Browser-Markt fest in der Hand des Net­scape Navigators. Doch dann wurde der Internet Explorer mit Windows 95 ausgeliefert und Netscape war dem Untergang geweiht.
Seitdem wurden Scharen von Entwicklern mit der besonderen Funktionalität des Internet Explorers gequält – Funktionalität, die ein bisschen, aber eben nicht ganz anders war, als der Standard es erforderte. Ich konnte dem Internet Explorer noch nie etwas abgewinnen. Zu fett, zu viele Funktionen, die keiner braucht. Denn Microsoft konnte es nicht lassen, in jede Version ein paar besondere Funktionen einzubauen, die den Standard aushebelten. Und auch wenn Edge schon wesentlich besser, weil einfacher war, bin ich auch mit ihm nie warm geworden. Umso besser gefallen mir die neuen Ansätze: Open Source, Mitglied in Standard-Komitees, und nun noch dieselbe Engine wie in Chrome. Weiter so!
Viel Spaß mit der dotnetpro wünscht Ihnen
Tilman Börner
Chefredakteur dotnetpro
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