Der Computerpionier Niklaus Wirth ist gestorben

Pascal – und die Suche nach der mächtigen und einfachen Sprache

1984 war für Niklaus Wirth, für die Informatik und die Verbreitung des Personal Computers ein besonderes Jahr: Apple führte den Macintosh PC ein, IBM stellte seinen IBM Personal Computer/AT vor und Niklaus Wirth gewann den Turing Award — den höchsten Preis in der Informatik, vergleichbar mit einem Nobelpreis in den Naturwissenschaften oder der Fields-​Medaille in der Mathematik. Den Preis erhielt Wirth für die Entwicklung mehrerer Programmiersprachen, darunter Euler, Algol W, Modula und besonders Pascal.
Das berühmteste Werk Niklaus Wirths ist die Programmiersprache Pascal. Ihr Hauptvorteil ist ihre Einfachheit und Eleganz. Pascal basiert auf den klaren Prinzipien der strukturellen Programmierung, die der Informatiker Edsger W. Dijkstra formulierte, sowie auf einer mathematischen Basis, die der Informatiker Tony Hoare festgelegt hatte, und auf der architektonischen Umsetzung der Algol-​W-Ideen durch Niklaus Wirth. Diese effiziente Sprache verknüpfte gute Programmierpraktiken mit strukturierter Programmierung und Datenstrukturierung. Deshalb wurde sie schnell zu einer beliebten Unterrichtssprache. Mehrere Generationen von Studierenden an Universitäten auf der ganzen Welt – auch an der ETH Zürich – machten ihre ersten Programmiererfahrungen mit Pascal.
Niklaus Wirth war nie einer, der sich auf seinen Lorbeeren ausruhte — im Gegenteil. Pascal mag  seine bekannteste Leistung sein, doch sein Werk geht viel weiter: von der Nachfolge-​Sprache Modula-​2, über das Oberon-​System bis zur Workstation «Lilith», einer Vorläuferin der späteren Personal Computer. Seine Programmiersprachen weiterzuentwickeln und zu verbessern, war ein Lebensprojekt von Wirth. Was mit Euler startete, endete schliesslich mit Oberon, einer Sprache mit dem Objektorientierungskonzept und Typhierarchie, die möglichst mächtig und gleichzeitig möglichst simpel sein sollte. Niklaus Wirth wollte etwas für die Allgemeinheit erfinden, ganz im Sinne des Prinzips: sparsam und verständlich.
Oberon blieb nicht nur eine Sprache. Daraus entstand ein ganzes System und am Ende erschien passend dazu das Buch «Project Oberon», in dem auf rund 500 Seiten Software, Sprache und Hardware beschrieben sind — der ganze Stolz seiner Arbeit: «Ich verfolgte lebenslang das Ziel, eine möglichst mächtige, aber möglichst einfache Sprache zu entwickeln. Oberon ist das letzte Glied in dieser Entwicklungskette», sagte Niklaus Wirth.

Autor(in) Florian Meyer, ETH-News


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