Weiterbildung im IT-Umfeld 24.08.2023, 08:12 Uhr

Microlearning: Mit Bildungshäppchen den Lernhunger stillen

Mitarbeitende umfassend und kontinuierlich weiterzubilden ist längst unverzichtbar geworden - der Fachkräftemangel lässt grüßen. Doch wie können Lerninhalte bestmöglich in den Arbeitsalltag integriert und personalisiert werden?
(Quelle: dotnetpro)
Klar ist: Ein starres, schablonenhaftes Angebot ist angesichts unterschiedlicher Lernpräferenzen, Job-Rollen und Arbeitszeitmodelle der Mitarbeitenden nicht zielführend. Studien haben ergeben, dass bei traditionellen Schulungen nur 15 Prozent der Mitarbeitenden hinterher in der Lage waren, das Gelernte adäquat anzuwenden, und dass 80 Prozent der Lerninhalte nach nur einem Monat bereits wieder vergessen waren. Wer also das Qualifikationslevel der Mitarbeitenden nachhaltig hochhalten möchte, muss auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen eingehen: von individuellen Vorlieben bis hin zu rollenbedingten Vorgaben.

Maximale Flexibilität durch Microlearning

Ein gutes Lernkonzept sollte mehrere Optionen umfassen. Zunächst gilt es, den Lernstoff übersichtlich aufzubereiten und in kleinere Einheiten zu portionieren. Modulares Lernen, bei dem die Inhalte in mehrere, in sich geschlossene Module unterteilt und nacheinander durchlaufen werden, ist im Unternehmensumfeld seit Langem etabliert. Das sogenannte Microlearning geht hier sogar noch einen Schritt weiter und erlaubt Lernenden maximale Flexibilität, indem sie isoliert abrufbare Inhalte von nicht mehr als einigen Minuten Dauer mühelos und quasi zwischendurch konsumieren können. SAP setzt dieses Prinzip beispielsweise innerhalb sogenannter Learning Journeys zu verschiedensten Technologien und Lösungen ein. Diese enthalten diverse kleinere Lerneinheiten, die interaktiv im Selbststudium durchlaufen werden können.
Das muss aber keineswegs Lernen light bedeuten: Kompakte und gleichzeitig qualitative hochwertige Bildungshäppchen sind nicht nur effizient und kommen den Lernpräferenzen vieler IT-Fachkräfte entgegen. Sie bieten Unternehmen überdies die Gelegenheit, schnell und flexibel auf neueste technologische Entwicklungen zu reagieren. Letzteres ist im IT-Umfeld besonders wichtig, da die Branche in permanentem Wandel ist und Mitarbeitende immer auf dem aktuellen Wissensstand sein müssen.
Darüber hinaus gewährt das Microlearning eine größere Inhalts- und Themenbreite, da die einzelnen Lernportionen nicht zwangsweise aufeinander aufbauen müssen, sondern unabhängig voneinander absolviert werden können. So können sich Mitarbeitende das Thema heraussuchen, das für sie in diesem Moment am relevantesten ist.
Besonders effektiv ist Microlearning, wenn es digital, jederzeit und von überall abrufbar ist. Das ermöglicht den Lernenden, die Inhalte in ihrem eigenen Tempo und nach ihrem eigenen Zeitplan zu lernen. Zielgerichtete, interaktive Informationsblöcke sind für sie interessanter, lassen sich leichter konsumieren und behalten. So tragen sie im besten Fall auch zu mehr Motivation und Engagement im Arbeitsalltag bei.

Die Lernmethode folgt dem Inhalt

Nicht jeder Stoff ist jedoch für ein Microlearning geeignet. Lernende mit komplexeren, aufeinander aufbauenden Themenbereichen – etwa einer Fremdsprache – könnten bei dieser Lernmethode unter Umständen an ihre Grenzen stoßen, wenn es zum Beispiel um die korrekte Aussprache oder Grammatik geht. Einzelne Themenblöcke hier in beliebiger Reihenfolge zu konsumieren wäre schlicht nicht zielführend. Die Lernmethode sollte dem Lerninhalt folgen.
Dennoch gibt es mittlerweile Lernplattformen, mit denen sich Microlearning-Elemente in einen konventionelleren, modularen Lehransatz integrieren lassen. Auch innovative Ansätze wie Augmented-Reality-Formate, bei denen beispielsweise eine menschliche Komponente in Form eines eingeblendeten Gesichts der Lehrkraft in eine Microlearning-Einheit integriert wird, könnten in Zukunft öfter eingesetzt werden. Wo sinnvoll, könnten auch Gamification-Elemente künftig für zusätzliche Anreize sorgen, Microlearning-Angebote in Anspruch zu nehmen.

Theorie und Praxis sinnvoll verknüpfen

Microlearning ist also sehr gut geeignet, um kompakte Lerninhalte bedarfsgerecht zu vermitteln, weil sie niedrigschwellig, individuell abrufbar und passgenau auf das ausgerichtet sind, was die Lernenden gerade brauchen. Microlearning hat aber auch Grenzen, die man erkennen muss, denn nicht alles kann kontextfrei in wenige Minuten gepresst werden. Dennoch sollte Microlearning ein integraler Bestandteil von Weiterbildungskonzepten für IT-Fachleute sein, denn gerade im IT- und Entwicklerumfeld kann es seine Vorteile der Flexibilität und Individualität voll ausspielen. Voraussetzung ist, dass der entsprechende Content sorgfältig geplant, aufbereitet und vor allem in eine integrierte, nutzerfreundlich Lernplattform eingebettet wird.
Am Ende gilt wie so oft: Die Mischung macht‘s. Idealerweise ergänzen sich Microlearning, modulares Lernen und On-the-Job-Training so, dass sowohl Wissen dauerhaft gefestigt, als auch die gelernten Inhalte unmittelbar in der Praxis angewendet werden können.
Quelle: Timo Schütte
Timo Schütte
ist als Global Vice President SAP Product Learning Center of Excellence mit seinem Team von mehr als 350 Experten für die Entwicklung, Gestaltung und Bereitstellung der rollenbasierten Lerninhalte von SAP für Kunden und Partner verantwortlich. Er verfügt über mehr als zwei Jahrzehnte praktische Erfahrung in der Lehrtätigkeit und der Durchführung von Schulungen sowie in der Technologiebranche mit Schwerpunkt auf der digitalen Transformation. Timo Schütte hat einen Abschluss in Betriebswirtschaftslehre und einen Executive MBA.


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