Editorial 14.03.2022, 00:00 Uhr

Die endliche Suche

Nehmen wir einmal an, Sie wollen einen Tisch aus Holz bauen. Sie verwenden dafür Ihre alte Kreissäge.
(Quelle: Sebastian Scharnagl)
Die macht einen guten Job. Sie sägt das Holz, und wenn Sie sich nicht ganz ungeschickt anstellen, dann hat der Tisch sogar einigermaßen gerade Kanten. Später, beim abendlichen Browsen durch das Internet, stolpern Sie rein zufällig über eine Säge, die auf einer Schiene aus Aluminium läuft und dadurch extrem gerade Schnitte macht. Ihr Job als Hobbytischler wäre damit a piece of cake, aber auf jeden Fall wesentlich einfacher. Also, auch wenn sie etwas teuer ist und Sie Diskussionen mit Ihrer Frau riskieren: Her mit der neuen Säge.
Nach ein paar Monaten erfahren Sie schließlich von einer weiteren Säge, die nicht nur auf einer Schiene läuft, sondern auch noch von einem Akku getrieben wird. Kein störendes Kabel mehr. Totale Freiheit. Sie würde Ihren Job noch viel einfacher machen. Sie wissen was kommt.

Das Ergebnis ist aber immer das gleiche:
Sie haben zum Schluss einen Tisch.

Der Unterschied zwischen diesen einzelnen Szenarien ist nur: Wie viel Zeit brauchen Sie, um Ihr Projekt fertigzustellen? Wie viel Spaß haben Sie bei der Herstellung? Und wie gut wird das Ergebnis? Kurz gesagt: Je neuer und teurer das Werkzeug, desto positiver fällt die Beantwortung dieser Fragen aus.
Nach diesem Muster suchen auch Entwickler nach dem perfekten Tool, Software zu schreiben. Beispiel Web: Aus Microsoft-Sicht gab es zuerst CGI (Common Gateway Interface), dann ASP (Active Server Pages), dann ASP.NET Web Forms. Nach ASP.NET MVP und ASP.NET Core sind wir inzwischen bei ASP.NET Core Blazor angelangt. Und wir sind damit sicher nicht am Ende. Das Gleiche können Sie auch für Desktop- oder verteilte Anwendungen durchdeklinieren. Alle naslang kommt ein neues Tool daher, das besser an die Bedürfnisse angepasst ist und Sie schneller zum Ziel bringt.
Diese unermüdlichen Bemühungen münden darin, dass sich Softwareentwickler überflüssig machen. Wenn der potenzielle Kunde mit Domänenwissen einer Blackbox mitteilt, was er gerne haben möchte, und diese ihn nicht nur versteht, sondern fertige Software liefert, werden viele Softwareentwickler arbeitslos. Wollen Sie das? Dann hören Sie gefälligst auf, dauernd neue Tools rauszubringen oder zu nutzen oder gar mit Machine Learning rumzuspielen.
Denken Sie nur an den Tisch. Den wollen Sie doch selbst bauen und diese Aufgabe nicht irgendeiner CNC-Fräsen-Blackbox zuflüstern, um dann wenige Minuten später den fertigen Tisch zu erhalten. Also: Verwenden Sie weiter das CGI.
Viele neue Erkenntnisse mit der dotnetpro
Tilman Börner
Chefredakteur dotnetpro
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